Welt Am Sonntag -
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Das Innenministerium lie in der ersten Coronawelle ein Geheimpapier erarbeiten, das die Bedrohung dramatisch darstellte. Es spannte Wissenschaftler für seinen harten Kurs ein - das zeigen interne Dokumente.
Text von Anette Dowideit und Alexander Nabert
Mitte März vergangenen Jahres war Deutschland im ersten Lockdown. Schulen und Geschäfte waren geschlossen, die Nerven im Land lagen blank. Auch bei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Denn gerade hatten der Virologe Christian Drosten und Lothar Wieler, der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), seinem Haus einen Besuch abgestattet. Die beiden hatten die Führungsriege des Innenministeriums eindringlich gewarnt: Deutschland drohten dramatische Folgen, kehre das Land zu schnell in den Alltag zurück. Seehofer sorgte sich nun davor, dass wie geplant an Ostern der Lockdown enden sollte. Der Minister war entschieden dagegen. Er schickte seinen Staatssekretär Markus Kerber in die Spur.
Kerber hatte einen Plan: Er wollte führende Wissenschaftler mehrerer Forschungsinstitute und Universitäten zusammenspannen. Gemeinsam sollten sie ein Papier erarbeiten, das dann als Legitimation für weitere harte politische Manahmen dienen sollte, über Ostern hinaus. Er startete per E-Mail einen entsprechenden Aufruf an die Forscher. Nur wenige Tage später hatten diese den AUftrag des Ministeriums erfüllt. Sie lieferten Input für ein als geheim gestuftes Papier des Innenministeriums (BMI), in dem die Gefahr durch das Coronavirus so dramatisch wie möglich dargestellt wurde, und das sich rasch über die Medien verbreitete. In einem \u201cWorst Case Scenario\u201d malten sie aus: Unternehme Deutschland nichts, wären am Ende der Pandemie mehr als eine Million Menschen im Land tot.
Welt am Sonntag liegt ein umfangreicher Schriftverkehr vor, der zeigt, was genau sich in diesen kritischen Tagen im März 2020 zwischen der Führungsebene des Ministeriums und den Forschern abspielte. Er zeigt vor allem dies: dass Seehofers Behörde es darauf anlegte, die beauftragten Wissenschaftler für den von ihm angestrebten politischen Zweck einzuspannen - und dass diese dem Aufruf gern folgten. Die gut 200 Seiten an E-Mails belegen somit, dass die Forscher zumindest in diesem Fall längst nicht so unabhängig agierten wie es Wissenschaftler und Bundesregierung seit Beginn der Pandemie stetig betonen - sondern auf ein von der Politik vorgegebenes, feststehendes Ergebnis hinwirkten.
Der Schriftverkehr stammt aus dem RKI. Eine Gruppe Juristen, vertreten vom Berliner Rechtsanwalt Niko Härting, hat sie in einer monatelangen rechtlichen Auseinandersetzung mit der Behörde erstritten und der Redaktion zur Verfügung gestellt. Die Dokumente sind an vielen Stellen geschwärzt, und doch verraten sie viel darüber, wie das Innenministerium auf die Forscher einwirkte und wie diese daran mitwirkten, die Lage möglichst bedrohlich darzustellen.
Die Zusammenarbeit begann mit dem Aufruf des Staatssekretär am 19. März. \u201cSehr geehrte Professores\u201d, schrieb Kerber an RKI-Chef Wieler sowie an Forscher des Leibniz Instituts für Wirtschaftsforschung (abgekürzt RWI, weil es früher mal Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung hie), des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) und mehrerer Universitäten. Das Ministerium wollte mit sofortiger Wirkung eine \u201cad hoc Forschungsplattform\u201d zwischen seinem Haus und den Instituten bilden. Man brauche ein Rechenmodell, um \u201cmental und planerisch \u2018vor die Lage\u2019 zu kommen\u201d. Es sollte helfen, weitere \u201cManahmen präventiver und repressiver Natur\u201d planen zu können. Der Staatssekretär zeichnete ein dystopisches Bild: Es gehe um die \u201cAufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Stabilität der öffentlichen Ordnung in Deutschland\u201d.
Kerber bat um Verschwiegenheit: Was in den kommenden Tagen in diesen Kreis besprochen werde, sollte \u201cauerhalb von operativ tätigen Krisenstabsinstitutionen\u201d vertraulich gehalten werden. \u201cOhne bürokratie. Maximal mutig\u201d, schrieb Kerber - und steigerte die Dramatik seines Tons zum Ende der E-Mail noch einmal: Da man nicht wisse, \u201cob und wie lange die Netze noch reliabel funktionieren\u201d, sollten die Teilnehmer ihre Telefonnummern und privaten E-Mail-Adressen übermitteln. Er habe gegenüber seinem \u201cFreund Lothar Wieler\u201d die Situation \u201cmit Apollo 13 verglichen\u201d. \u201cSehr schwierige Aufgabe, aber mit Happy End durch maximale Kollaboration.\u201d
Damit setzte er den Sound für das Vorgehen, das der Innenminister von den angeschriebenen Wissenschaftlern offenbar erwartete: eine möglichst bedrohliche Darstellung der Lage. Das Ergebnis lag nur vier Tage später vor: Jenes Geheimpapier mit dem Stempel \u201cVS - Nur für den Dienstgebrauch\u201d über die drohende Aussicht auf bis zu einer Million Toten. Darin stand auch, wie man die \u201cgewünschte Schockwirkung\u201d in der Gesellschaft erzielen könne, um diesen schlimmsten annehmbaren Fall zu vermeiden. Man müsse in den Köpfen der Menschen Bilder wie diese entstehen lassen: \u201cViele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause.\u201d So hoffe man bei den Bürgern Verständnis unter anderem für eine \u201cscharfe, aber kurze Ausgangsbeschränkung\u201d akzeptabel zu machen.
In jenen vier Tagen verfolgten Kerber und andere hochrangige Beamte des Ministeriums die Arbeit der Forscher akribisch und diktierten das Vorgehen: Aus dem Schriftwechsel geht hervor, dass es in kurzen Abständen Telefonkonferenzen zwischen dem BMI und den forschern gab, während diese an ihrem Modell und den daraus resultierenden Empfehlungen arbeiteten. Die E-Mails der Wissenschaftler über den Fortschritt ihrer Arbeit gingen neben dem Staatssekretär auch an mehrere Abteilungs- und Referatsleiter des BMI. Das Ministerium gab sogar per E-Mail n den Verteiler die Gliederung für das Papier vor.
Die Forscher beschränkten sich nicht nur darauf, Zahlen zu liefern, sondern machten auch konkrete Vorschläge, wie sich etwa \u201cAngst und Folgebereitschaft in der Bevölkerung\u201d thematisieren lieen, und sie gaben politische Empfehlungen. \u201cSöder liegt intuitiv
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